Das Konzept Commonage Farming in Südafrika – Anna-Maria Hartmann, 16.10.2025
Nach dem Ende der Apartheid im Jahr 1995 wurde zwei Jahre später die Landreformpolitik etabliert (Puttick et al., 2011; Martens, 2011). Im Rahmen dieser wurde das Commonage-Programm eingeführt, das von jeder Gemeinde verlangte, Land zu erwerben, um es der Allgemeinheit zur gemeinschaftlichen Nutzung bereitzustellen (Martens, 2011; Davenport et al., 2012). Diese Form gemeinschaftlicher Ressourcennutzung gibt es in Deutschland mit der selbstverwalteten Allmende in agrarischen Dorfgemeinschaften.
Das Commonage steht jedem zu, unabhängig von Hautfarbe und Nutzen, allerdings wird es vermehrt von der armen Bevölkerung gebraucht. In Südafrika ist es oft so, dass Tiere eine Geldanlage sind (Puttick et al., 2011; Martens, 2011; Davenport et al., 2012). Nachdem man Geld verdient hat, kauft man ein (Nutz-)Tier, anstatt das Vermögen auf einer Bank anzulegen oder es im Haus aufzubewahren. Daraufhin kauft man ein zweites Tier, die sich dann vermehren, sowie sich dann auch das Vermögen vermehrt. Somit war es die Idee, der in der Apartheid benachteiligten, dunkelhäutigen Bevölkerung, Farmland ohne Pacht bereitzustellen. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, Tiere zu halten und diese zu einer Herde zu vergrößern, um später in den kommerziellen Markt ein- und aufsteigen zu können. Die im Interview befragten Männer verfügen bereits über eine beträchtliche Anzahl an Tieren und konnten durch ihre bisherigen Farmerfahrungen deutlich an Wissen und Kompetenz gewinnen. Generell wird das Commonage nicht nur für das Farmen benutzt, sondern auch für spirituelle Praktiken, und das Sammeln von Baumaterialien, Kräutern und Feuerholz. Einige verdienen durch den Verkauf von Feuerholz ihren Unterhalt (Cockburn et al., 2024; Martens, 2011; ibid.).
Eine geteilte Benutzung birgt meist Konflikte unter den verschiedenen Interessensgruppen. Übernutzung der Flächen und unklare Nutzungsorganisation sind häufige Probleme in den Commonages. Der Kampf um ein Recht auf Benutzung von Land bei Übernutzung hat eine Hierarchie geschaffen, in der Farmer*innen mit einer größeren Anzahl von Tieren, Neuankömmlinge einschüchtern und vertreiben (Martens, 2011). Damit kommt es zu einer einseitigen Benutzung der Commonage-Flächen von wenigen Farmer*innen, die sich etabliert haben. Gemeinden sind verantwortlich die Flächen zu verwalten, allerdings wird das nur begrenzt umgesetzt und die Wichtigkeit nicht verstanden (Davenport et al., 2012). Das zieht Konsequenzen nach sich, wie zum Beispiel, dass die Ressourcenverteilung vernachlässigt wird und der soziale, ökonomische und ökologische Wert nicht vollkommen verstanden wird (Davenport et al., 2012; Davenport et al., 2011).
Angesichts der in Südafrika weiterhin weit verbreiteten Armut – das Land weist mit dem weltweit höchsten Gini-Koeffizienten die größte Einkommensungleichheit auf (McKeever, 2023) – nehmen auch die Ernährungsunsicherheit und in der Folge die Diebstähle von Nutztieren zu. Darauf verweist auch einer der befragten Farmer im Interview, der schon Jahre versucht auf eine kommerzielle Ebene aufzusteigen. In der Praxis ist dieses System in Südafrika jedoch nur unzureichend umgesetzt. Oft müssen Antragsteller*innen lange auf die Zuteilung einer Farm warten, die zudem häufig nicht mit der notwendigen Ausstattung versehen ist (Martens, 2011). In Notsituationen, wie etwa während der letzten Dürreperiode (2015-2019), sind viele Farmer*innen vollständig auf staatliche Unterstützung angewiesen, da es unter solchen Bedingungen äußerst schwierig ist, das Vieh am Leben zu erhalten.
Zusammenschnitt aus Interviews mit Commonage Farmern in Nieu Bethesda im Juni 2025.
Das zusammengeschnittene Video bietet einen Einblick in die Situation der (vor allem noch) subsistenzorientierten Farmer*innen im Ort Nieu-Bethesda (Eastern Cape), deren Perspektiven und Erfahrungen ebenfalls in meine Forschungsarbeit für die Masterarbeit “Climate Change Perceptions, Impacts, and Adaptation: A Comparative Study of Commonage Livestock Farmers in two Climatic Regions of the Eastern Cape, South Africa“ mit eingeflossen sind. Diese fanden im Juni 2025 im Rahmen eines Austauschsemesters mit Erasmus+ and der Rhodes Universität statt.
Literaturverzeichnis:
Cockburn, J., N. Mtati, N. Foxon, T. Madiba, M. Nyalungu, P. Ngwenya, B. Tharmae (2024): eYethu: It’s yours. Diverse socio-cultural values of nature in the Bathurst-Nolukhanyo Commonage. Report on the Bathurst Residence and Ratepayers Association website. URL: https://brra.org.za/wp-content/uploads/2024/10/DES-Report-on-Bathurst-Commonage-Cultural-Ecosystem-Services-June2024-Final.pdf (13.3.25).
Davenport, N., C. Shackleton, J. Gambiza (2011): Use and users of municipal commonage around three small towns in the Eastern Cape, South Africa. Journal of Environmental Management 92(6): 1449-1460.
Davenport, N., C. Shackleton, J. Gambiza (2012): The direct use value of municipal commonage goods and services to urban households in the Eastern Cape, South Africa. Land Use Policy 29(3): 548-557.
Martens, C. (2011): The contribution of municipal commonage to land reform and poverty alleviation in South Africa. A case study of the Eastern Cape. In: Hebnick, P. & C. Shackleton (eds.) Reforming Land and Resource Use in South Africa. Impact on livelihoods: 254-274. ISBN: 9780203839645.
McKeever, M. (2023): Social stratification and inequality in South Africa. Sociology Compass. Review Article. DOI: https://doi.org/10.1111/soc4.13173.
Puttick, J., M. Hoffmann & J. Gambiza (2011): Historical and recent land-use impacts on the vegetation of Bathurst, a municipal commonage in the Eastern Cape, South Africa. African Journal of Range and Forgage Science 28(1): 9-20. DOI: 10.2989/10220119.2011.570946.