REKKE – Resilienz durch Kulturlandschaft im Klimawandel

Risikoabschätzung und Handlungsmöglichkeiten auf dem Weg zu mehr Klimaresilienz 

Teil des Verbundprojektes Klimawandel und Gesundheit des Freistaats Bayern

 

Die Auswirkungen des Klimawandels in Bayern bedeuten in der Zukunft eine Tendenz zu länger anhaltenden Hitzephasen im Sommer mit teils deutlich über 40°C. Dadurch steht Kulturlandschaft in ihrer resilienzstiftenden und gesundheitsfördernden Wirkung für die Bevölkerung vor großen Herausforderungen. Es geht dabei nicht nur um den Verlust einer vertrauten ästhetischen Qualität, sondern um konkrete Einschränkungen als Erholungsort, Ort sozialer Teilhabe und Raum für körperliche Aktivität und Sport. Dies betrifft die Nutzbarkeit des heimischen Balkons genauso wie sommerliche Freiluftveranstaltungen oder die wöchentliche Walking-Gruppe im nahen Wald. Die Folgen des Klimawandels treffen dabei nochmals verstärkt vulnerable Bevölkerungsgruppen, die ohnehin nur eingeschränkten Zugang zu gesundheitsfördernden Kulturlandschaftselementen haben.

Vor diesem Hintergrund stellen wir folgende, bisher nicht adressierte Forschungsfragen:

  • Welche Kulturlandschaftselemente sind dem Klimawandel besonders ausgesetzt?
  • Welche Kulturlandschaftselemente sind Stand heute für die individuelle körperliche, mentale und soziale Gesundheit und Resilienz besonders wichtig?
  • Welche Maßnahmen können bereits heute eingeleitet werden, damit die gesundheitsfördernde Funktion von Kulturlandschaft von der Bevölkerung auch in Zukunft uneingeschränkt genutzt werden kann?

 

Das Risikoscreening für die Region Oberfranken-West mündet dabei in einen Mediationsprozess mit der lokalen Bevölkerung, in dem erarbeitet wird, wie die nachweislich gesundheitsfördernde Wirkung von Kulturlandschaft sowohl in urbanen wie ländlichen Kontexten Bayerns im Klimawandel erhalten werden kann. Aufgrund vorhandener Leitfäden und Broschüren werden dabei diejenigen Maßnahmen identifiziert und entwickelt, die sich ohne große Mühe im Alltag sofort umsetzen lassen. Dies betrifft sowohl planerische Anpassungen wie auch Verhaltensanpassungen in der alltäglichen Nutzung bestimmter Flächen. Klimaanpassung ist dabei keine Alternative zu essentiellen Klimaschutzbemühungen, sondern ein notwendiger Transformationsprozess, da eine rapide Änderung unserer Umwelt in den nächsten 30 Jahren unausweichlich ist. Im offen geführten Mediationsprozess ist es uns somit wichtig zu vermitteln, dass die nötigen Anpassungen an den Klimawandel nicht als Verlust, sondern als aktiv gestaltete Herausforderung verstanden werden.

Förderung und Projektpartner

Projektbeteiligte:

 

Ansprechpartner*innen:

 

Förderung:

 

Projektpartner:

Verbundprojekt Klimawandel und Gesundheit (VKG)
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Diana Büttner, Welterbezentrum Bamberg
Dr. Thomas Gunzelmann, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (BLfD)
Prof. Dr. Zoe Fisher, DClin., Morriston Hospital, Swansea SA6 6QR Wales
Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, Interdisziplinäres Zentrum für Health Technology Assessment und Public Health der Universität Erlangen-Nürnberg (IZPH)
Prof. Dr. Andrew Kemp, Swansea University, Singleton Park, Swansea, SA2 8PP, Wales
Dr. SM Labib, Utrecht University

 

Teilziele

Das Projekt befindet sich derzeit in der ersten Projektphase und verfolgt folgende Ziele:

Downscaling von globalen Prognosen auf Bayern Ziel der Berechnung angepasster regionaler Klimamodellen für Bayerns nähere Zukunft ist das Schaffen eines Erwartungsrahmens der veränderten klimatischen Bedingungen, denen die bayerische Kulturlandschaft in den kommenden Jahrzehnten ausgesetzt sein wird.
Typische Verläufe von Hitzewellen Ziel der Bestimmung des prototypischen Verlaufs von Hitzephasen ist die Ermittlung von Kipppunkten, die angeben, ab welchem Tag einer Hitzephase sich die Ausbildung gut sichtbarer Beeinträchtigungen in der Kulturlandschaft rapide beschleunigt.
Abgleich von Landnutzung und Kulturlandschaftsflächen Auf Basis bestehender Kutlurlandschaftsinventare wird ermittelt, welche dieser Elemente durch langanhaltende Hitzephasen besonders betroffen sein werden. Unter Berücksichtigung stützender Nutzungen (öffentlich, gewerblich oder touristisch) wird auf dieser Grundlage die Vulnerabilität der jeweiligen Flächen abgeschätzt.
Ermittlung der besonders gesundheitsfördernden Flächenarten Durch Befragungen in der lokalen Bevölkerung wird bestimmt, welche Kulturlandschaftsflächen für die Gesundheit der Bevölkerung unerlässlich sind. Dabei ist für die Generalisierung des Ansatzes entscheidend, dass die Ergebnisse nicht auf konkrete Orte, sondern auf bestimmte Flächenarten bezogen werden.
Ermittlung des Verlustrisikos Eine Risikomatrix kombiniert (1) hohe Ausgesetztheit (klimageographische Exposition), (2) hohe Anfälligkeit (sozioökonomische Vulnerabilität) und (3) hohe Bedeutung für die individuelle Resilienz zu einer globalen Risikoabschätzung.
Entwickeln von Handlungsempfehlungen Im Mediationsprozess mit kommunalen Stakeholdern und der ortsansässigen Bevölkerung wird ermittelt, welche Maßnahmen zur Anpassungen von Kulturlandschaft an die vorhersehbaren klimatischen Bedingungen heute schon möglich und leicht umsetzbar sind.

 

Bisherige Ergebnisse:

Histogramm der täglichen 2m Höchsttemperatur im Sommer (Juni-August) für 3 Zeitperioden: 1990-2019, 2030-2059, 2070-2099 (ssp5-8.5 Scenario; MPI-ESM1-2-LR Klimamodel)

Für die Dekade 2050-2060 lässt sich die Etablierung sommerlicher Klimabedingungen absehen, die stark von allen bisher bekannten abweichen. Da sich die globale Erwärmung global und saisonal nicht gleichmäßig verteilt, werden Hitze- und Trockenereignisse im Sommerhalbjahr in Franken in überproportional starker Frequenz und Intensität auftreten. Analysen zurückliegender Hitzesommer weisen dabei bereits heute auf starken Hitzestress der Vegetation in der Region hin. Der gut beforschte positive Einfluss der Grünheit in der Landschaft auf mentale und soziale Gesundheit wird dadurch gemindert.

Befragte Expert*innen-Gruppen

 

Zur genaueren Abschätzung der betroffenen Gesellschaftsbereiche wurden Stakeholder-Interviews in Stadt und Landkreis Bamberg durchgeführt, um bereits wahrnehmbare Veränderungen in der Landschaft und der an sie gebundenen resilienzstiftenden Praktiken zu ermitteln. Erwartungsgemäß werden diese vor allem mit dem Erleben von Green- und Blue-Spaces assoziiert.  Bewaldete Gebiete werden als bedroht angesehen. Stützende Prozesse wie das Gießen von Jungbäumen stoßen bereits an ihre Grenzen. Wenn zudem resilienzstiftende Praktiken wie längere Fahrradtouren im Sommer ausgeschlossen sind, werden Hitzewellen auch psychisch als Belastung empfunden.

Stammtischtreffen zur Lösungsexploration

In einem offen geführten Mediationsprozess gemeinsam mit Modellkommunen in der Region bewerten wir zudem individuelle Handlungs- und strukturelle Interventionsmöglichkeiten auf dem Weg zur Klimaresilienz. Dabei ergeben sie folgende vorläufigen Befunde: (1) Engagement manifestiert sich im ländlichen Raum häufig auf Basis bestehender Plattformen, beispielsweise Verwaltung, Kirche oder Vereine. Lokale Initiativen sind bisher aber selten untereinander oder mit urbanen Kontexten vernetzt, so dass mögliche Synergien ungenutzt bleiben. (2) Aktionspläne sind häufig überregional formuliert. Der optimale Transformationspfad hängt aber stark von den lokalen Gegebenheiten in der jeweiligen Gemeinde ab. (3) Es liegt ein großer Fokus auf der Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit und Klimaschutz. Eine Betrachtung im Rahmen der Fragen sozialer Gerechtigkeit/Klimagerechtigkeit (und anderer SDGs) bleibt dabei aber häufig aus. 

Einen Erfolg in diesem Prozess stellte die Vernetzungsveranstaltung “Was tun wenn es immer heißer wird?” in Kooperation mit der VHS Bamberg-Land am 22.4.2023, durchgeführt in Erlangen und Bamberg dar. Dabei wurde den Teilnehmenden zunächst die klimatische Stiuation in der Region im Jahr 2050 verdeutlicht, um anschließend gemeinsam für die wichtigsten Handlungsfelder kreative Lösungen innerhalb verschiedener gesellschaftlicher Systeme zu entwickeln. Etliche Teilnehmer*innen engagieren sich nun im projektbegleitenen Mediationsprozess.

Ausblick: Zur Stärkung der Vernetzung bereits bestehender Eigeninitiativen im Bereich Klimaanpassung veranstalten wir im Oktober 2023 Nachhaltigkeitsfeste in Stadt und Landkreis Bamberg.

Landnutzung im Bereich des Bamberger Stadtdenkmals (März 2023)

 

Für die Erweiterung des Kulturlandschaftinventars Oberfranken-West wurde die bestehende Kartierung der Kulturlandschaftselemente Oberfranken-West (Thomas Büttner) mit Landnutzungsdaten verschnitten, sodass ein Abgleich mit den individuellen Resilienzorten aus den Befragungen im Sommer 2023 möglich wird. Wie auf der Abbildung exemplarisch zu erkennen ist, finden sich unterschiedliche Landnutzungsarten auf den historisch bedeutenden innerstädtischen Grünflächen im Stadtdenkmal Bamberg.

Ausblick: Derzeit befragen wir die Bevölkerung nach ihren individuellen Resilienzorten und -aktivitäten, um zusätzlich die Orte der höchsten gesundheitsstiftenden Wirkung zu identifizieren.